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Absenkung von Leistungen nach dem SGB II: Pflicht zur Bewerbung besteht auch bei fehlendem Drucker

Bewerbungen können auch persönlich, telefonisch, handschriftlich oder per E-Mail erfolgen

Der fehlende Zugang zu einem Drucker stellt keinen wichtigen Grund dar, der in einer Eingliederungs­vereinbarung niedergelegten Pflicht zur Bewerbung auf vier Stellen monatlich nicht nachzukommen.

Gegenstand des Rechtsstreits war die Absenkung der vom Kläger bezogenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für drei Monate, weil der Kläger seiner in einer mit dem beklagten Jobcenter abgeschlossenen Eingliederungsvereinbarung niedergelegten Pflicht, sich monatlich auf mindestens vier Stellen zu bewerben und dies gegenüber dem Jobcenter nachzuweisen, nicht nachgekommen war. Der Kläger hatte sich darauf berufen, keinen funktionsfähigen Drucker und kein Geld für einen neuen Drucker oder die Nutzung eines Copyshops zu haben.

Absenkungsbescheid gerechtfertigt
Das Sozialgericht Stuttgart hat die Klage gegen den Absenkungsbescheid mit der Begründung abgewiesen, dass der Kläger die Bewerbungen auch persönlich, telefonisch, handschriftlich oder per E-Mail habe vornehmen können.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Sozialgericht Stuttgart
  • Entscheidungsart:Gerichtsbescheid
  • Datum:30.11.2012
  • Aktenzeichen:S 14 AS 738/12

Quelle:Sozialgericht Stuttgart/ra-online

Jugendamt darf bei dauerhaftem Fernbleiben eines Kindes vom Unterricht eingreifen

Oberlandesgericht entzieht Eltern das Recht zur Regelung der schulischen Angelegenheiten

Ein Jugendamt darf eingreifen, wenn ein elfjähriger Junge nicht zur Schule geht und die Eltern die Schulunlust ihres Kindes akzeptieren. Die Eltern können zur Unterstützung eines Schulbesuchs ihres Kindes verpflichtet werden. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm.

Der heute elfjährige Junge des zugrunde liegenden Streitfalls wohnt bei seinen 49 und 51 Jahre alten Eltern im Kreis Warendorf. Er ist das jüngste Kind der Familie. Im Alter von 7 Jahren eingeschult, fehlte der Junge bereits im ersten Schuljahr an über 40 Tagen in der örtlichen Grundschule, von der ihn die Eltern im Jahre 2010 abmeldeten. In den nächsten Jahren besuchte er zwei weitere Grundschulen, an denen er nur wenige Tage blieb. Ein im Jahre 2012 unternommener Versuch, das Kind durch Lehrkräfte zu Hause zu beschulen, um eine Wiedereingliederung in eine Schule vorzubereiten, scheiterte. Der Junge wird zurzeit durch seine Mutter, von Beruf Informatikerin, unterrichtet und verfügt über einen altersgerechten Wissenstand. In der Vergangenheit lehnten es die Eltern ab, den Jungen gegen seinen Willen auf eine öffentliche Schule zu schicken.

Geistiges und seelisches Wohl des Kindes trotz des altersgerechten Wissensstandes gefährdet
Das Oberlandesgericht Hamm hat den Eltern das Recht zur Regelung der schulischen Angelegenheiten entzogen und dieses dem zuständigen Jugendamt übertragen. Dabei hat er davon abgesehen, das Kind aus dem elterlichen Haushalt herauszunehmen und die Eltern verpflichtet, dafür zu sorgen, dass der Junge der Schulpflicht nachkommt und ihn zum Schulbesuch zu motivieren. Das geistige und seelische Wohl des Kindes sei trotz des altersgerechten Wissensstandes gefährdet. Im Hinblick auf die Weigerung des Kindes, zur Schule zu gehen, hätten die Eltern in der Erziehung versagt. Das bestätige das Gutachten des im Verfahren gehörten Sachverständigen. Zurzeit setzten die Eltern dem Kind keine Grenzen und Regeln, Pflichten seien diesem unbekannt.

In die Familie gut integrierter Junge kann zumindest vorerst im familiären Umfeld bleiben
Da die Eltern die Schulpflicht des Kindes nicht akzeptierten und es in seiner Schulunlust förderten, würden dem Jungen die Bildungsinhalte einer weiterführenden Schule vorenthalten. Die Mutter werde trotz ihrer Ausbildung nicht in der Lage sein, sämtliche Lerninhalte einer weiterführenden Schule adäquat zu vermitteln. Ein Schulbesuch solle Kindern auch die Gelegenheit verschaffen, in das Gemeinschaftsleben hineinzuwachsen. Soziale Kompetenzen könnten effektiver eingeübt werden, wenn Kontakte mit der Gesellschaft nicht nur gelegentlich stattfänden, sondern Teil einer mit einem regelmäßigen Schulbesuch verbundenen Alltagserfahrung seien. Der in der Familie gut integrierte Junge könne zumindest vorerst im familiären Umfeld bleiben, deswegen sei den Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Kind zu belassen. Zu entziehen sei ihnen aber das Recht zur Regelung seiner schulischen Angelegenheiten, weil sie nicht Willens und in der Lage seien, die Schulpflicht durchzusetzen. Mit den erteilten Auflagen würden die Eltern angehalten, künftige Versuche, die Schulverweigerungshaltung des Jungen aufzulösen, zu unterstützen.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Oberlandesgericht Hamm
  • Entscheidungsart:Beschluss
  • Datum:12.06.2013
  • Aktenzeichen:8 UF 75/12

Quelle:Oberlandesgericht Hamm/ra-online

Rechtsanwalt Baurecht in Trier

Anwalt Baurecht Trier

Keine Mängelansprüche bei Werkleistungen in Schwarzarbeit

Nichtigkeit eines Werkvertrages wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot führt zum Ausschluss von Mängelansprüchen

Der Bundesgerichtshof hatte über die Frage zu entscheiden, ob Mängelansprüche eines Bestellers bestehen können, wenn Werkleistungen aufgrund eines Vertrages erbracht worden sind, bei dem die Parteien vereinbart haben, dass der Werklohn in bar ohne Rechnung und ohne Abführung von Umsatzsteuer gezahlt werden soll.

Im zugrunde liegenden Fall hatte der Beklagte auf Bitte der Klägerin eine Auffahrt des Grundstücks der Klägerin neu gepflastert. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war hierbei ein Werklohn von 1.800 Euro vereinbart worden, der in bar ohne Rechnung und ohne Abführung von Umsatzsteuer gezahlt werden sollte.

OLG weist Klage ab
Das Landgericht hat den Beklagten, der sich trotz Aufforderung und Fristsetzung weigerte, Mängel zu beseitigen, u.a. zur Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 6.096 Euro verurteilt, da das Pflaster nicht die notwendige Festigkeit aufweise. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg.

Zwischen den Parteien geschlossene Werkvertrag ist wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig
Der Bundesgerichtshof hatte erstmals einen Fall zu beurteilen, auf den die Vorschriften des seit dem 1. August 2004 geltenden Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz, SchwarzArbG) Anwendung finden. Er hat entschieden, dass der zwischen den Parteien geschlossene Werkvertrag wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gemäß § 134 BGB* nichtig sei. § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG** enthalte das Verbot zum Abschluss eines Werkvertrages, wenn dabei vorgesehen sei, dass eine Vertragspartei als Steuerpflichtige ihre sich aufgrund der nach dem Vertrag geschuldeten Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt. Das Verbot führe jedenfalls dann zur Nichtigkeit des Vertrages, wenn der Unternehmer vorsätzlich hiergegen verstößt und der Besteller den Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt.

Beklagtes Unternehmer verstößt durch Handeln gegen steuerliche Pflicht
So lag der Fall hier. Der beklagte Unternehmer hat gegen seine steuerliche Pflicht aus § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG in der Fassung vom 13. Dezember 2006*** verstoßen, weil er nicht innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung ausgestellt hat. Er hat außerdem eine Steuerhinterziehung begangen, weil er die Umsatzsteuer nicht abgeführt hat. Die Klägerin ersparte auf diese Weise einen Teil des Werklohns in Höhe der anfallenden Umsatzsteuer.

Die Nichtigkeit des Werkvertrages führt dazu, dass dem Besteller hieraus grundsätzlich keine Mängelansprüche zustehen können.


*§ 134 BGB Gesetzliches Verbot
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

**§ 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG
Schwarzarbeit leistet, wer Dienst- oder Werkleistungen erbringt oder ausführen lässt und dabei als Steuerpflichtiger seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt.

***§ 14 UStG Ausstellung von Rechnungen

Abs. 2 Satz 1 Nr. 1:
Führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Bundesgerichtshof
  • Entscheidungsart:Urteil
  • Datum:01.08.2013
  • Aktenzeichen:VII ZR 6/13

Quelle:Bundesgerichtshof/ra-online

Anwalt Baurecht in Trier

MobbingZu mir in meiner Funktion als Fachanwalt für Arbeitsrecht kommen häufig Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen, die sich von ihrem Vorgesetzten oder Kollegen gemobbt fühlen.

Sie sind dann überrascht, wenn ich Ihnen erkläre, dass es im juristischen Sinn „Mobbing“ eigentlich nicht gibt und dass ich als Rechtsanwalt aus „Mobbing“ somit  auch keine Anspruchsgrundlage ableiten kann. Es handelt sich bei Mobbing lediglich um die Beschreibung eines sozialen Phänomens.

Allgemein versteht man unter Mobbing den „Krieg am Arbeitsplatz“.  Dieser zeigt sich in zielgerichteter Schikane, Diskriminierung, Tätlichkeiten, Ehrverletzungen, Demütigungen, Isolierung, unsinnige Dienstanweisungen, Schikane, Ungleichbehandlung ohne Sachgrund, Ausschluss von Informationen, Ausschluss von Veranstaltungen mit System.  Mobbing ist die Summe des Ganzen, erst die Gesamtschau zeigt die systematische Vorgehensweise des Mobbenden oder gar der Mobbenden.

Man kann allenfalls aus §§ 1,3, 7,12,15,22  des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) eine Art Definitionen für Mobbing ableiten. Dies gilt aber nur wenn die Merkmale des § 1 AGG erfüllt sind.

Ein Betriebsrat kann nach § 75 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) intervenieren.  Nach § 87 Abs. 1 Nr 1 Betriebsverfassungsgesetz kann ein Betriebsrat den  Abschluss einer Betriebsvereinbarung zum Schutz vor Mobbing im Einigungsstellenverfahren erzwingen. Sicherlich sinnvoll ist es , dass der Betriebsrat sich gem. § 37 Abs. 6 Betriebsverfassungsgesetz zum Thema „Mobbing“  schulen lässt.

Grundsätzlich hat ein Arbeitnehmer das Recht gegen seinen Kollegen, der ihn mobbt, persönlich vor dem Arbeitsgericht auf Unterlassung und Schadensersatz zu klagen.  Aber das eigentliche Problem in der anwaltlichen Beratung ist jedoch dann, dem gemobbten Mandanten klar zu machen,  dass die Beweislast grundsätzlich den Gemobbten trifft. Die subtilen Methoden der Mobber lassen sich aber in der Regel nicht nachweisen.

Aus diesem Grund  gilt es, um nicht in eine Beweisnot zu kommen,  eine Unterlassungs- oder Schadensersatzklage gut vorzubereiten und den Tatbestand mit Beweismitteln abzusichern. Der Schlagwortbezug auf Mobbing reicht im Verfahren nicht aus. Allenfalls bei Anwendung des § 22 AGG  kann eine Beweiserleichterung zu Gunsten des gemobbten Arbeitnehmers in Frage kommen.

Achtung auch für Ansprüche aus Mobbing gelten vertragliche oder tarifliche Ausschlussfristen. Abgestellt wird hierbei auf die letzte nachweisbare Schädigungshandlung.

Nordrhein-Westfalen: Stelle der kommunalen Gleich­stellungs­beauftragten ist mit einer Frau zu besetzen

Auf das Allgemeine Gleich­behandlungs­gesetz gestützter Entschädigungs- und Schadens­ersatz­anspruch eines männlichen Bewerbers erfolglos

Die Stelle der kommunalen Gleich­stellungs­beauftragten kann in Nordrhein-Westfalen nur mit einer Frau besetzt werden. Dies entschied das Verwaltungsgericht Arnsberg und wies damit die Klage eines Klägers ab, der Entschädigung beziehungsweise Schadensersatz verlangt hatte, weil seine Bewerbung um die Stelle der Gleich­stellungs­beauftragten nicht berücksichtigt worden war.

Im zugrunde liegenden Streitfall hatte die Kreisverwaltung vom Ennepe-Ruhr-Kreis dem Kläger mitgeteilt, seine Bewerbung könne nicht berücksichtigt werden, da die Stelle der Gleichstellungsbeauftragten zwingend mit einer Frau zu besetzen sei. Daraufhin machte der Kläger einen auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz gestützten Entschädigungs- und Schadensersatzanspruch geltend.

Landesgleichstellungsgesetz bestimmt ausdrücklich Bestellung einer Frau als Gleichstellungsbeauftragte
Das Verwaltungsgericht Arnsberg entschied, dass dem Kläger ein derartiger Anspruch nicht zustehe. Das Landesgleichstellungsgesetz bestimme ausdrücklich, dass als Gleichstellungsbeauftragte eine Frau zu bestellen sei. Diese Bestimmung sei durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz gedeckt. Danach sei eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts zulässig, wenn dies wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit eine wesentliche berufliche Anforderung darstelle beziehungsweise dazu diene, bestehende Nachteile wegen des Geschlechts auszugleichen.

Besetzung der Stelle der Gleichstellungsbeauftragten mit einer Frau mit Unionsrecht und Grundgesetz vereinbar
Das Gericht hat in seiner Entscheidung ausgeführt, dass es im Hinblick auf das Amt der Gleichstellungsbeauftragten hauptsächlich um die Gleichstellung von Frauen und Männern, insbesondere den derzeit (noch) bestehenden Abbau von Nachteilen für Frauen im privaten und öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnis sowie um die Wahrnehmung von frauenspezifischen Aufgaben (unter anderem um die Erstellung von Frauenförderplänen, die Betreuung und Beratung von sexuell belästigten Arbeitnehmerinnen und die Zusammenarbeit mit Frauenhäusern) gehe. Der Landesgesetzgeber habe zum Zwecke der Herstellung der Gleichberechtigung an tatsächliche Gegebenheiten und spezifische Eigenschaften, Erfahrungen und Kenntnisse angeknüpft, die mit Blick auf die frauenspezifische Ausrichtung der Position einer Gleichstellungsbeauftragten nur Frauen haben könnten. Dies sei sowohl mit dem Unionsrecht als auch mit dem Grundgesetz vereinbar. Sowohl Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie 2006/54/EG als auch Art. 3 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes bestimmten, dass der Staat die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken habe.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Verwaltungsgericht Arnsberg
  • Entscheidungsart:Urteil
  • Datum:14.08.2013
  • Aktenzeichen:2 K 2669/11

Quelle:Verwaltungsgericht Arnsberg/ra-online

Vergleich im Kündigungsschutzprozess führt nicht zu Sperrzeit

Verfolgung des eigenen Rechts darf nicht zu Schlechterstellung führen

Einem Arbeitnehmer kann es regelmäßig nicht zum Nachteil gereichen, wenn er gegen die Kündigung vorgeht und sodann im arbeitsgerichtlichen Verfahren die Klage zurücknimmt oder einen Vergleich schließt. Ein gerichtlicher Vergleich, der die Arbeitslosigkeit nicht zu einem früheren Zeitpunkt herbeiführt, löst daher grundsätzlich keine Sperrzeit aus. Dies hat das Bundessozialgericht entschieden.

Dem langjährig beschäftigten Kläger wurde von seinem Arbeitgeber außerordentlich mit sozialer Auslauffrist gekündigt. Dagegen erhob er Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht. Im Rechtsstreit wurde ein arbeitsgerichtlicher Vergleich geschlossen, wonach das Arbeitsverhältnis auf die Kündigung des Arbeitgebers endete und dieser sich zur Zahlung einer Abfindung von 95.000 DM netto verpflichtete. Die Beklagte bewilligte dem Kläger Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe.

Anders als das Sozialgericht hat das Landessozialgericht die Beklagte zur Zahlung von weiterem Arbeitslosengeld mit der Begründung verurteilt, eine Sperrzeit sei nicht eingetreten. Der Kläger habe sein Beschäftigungsverhältnis nicht im Sinne des § 144 Abs 1 Nr 1 SGB III gelöst, da die Vereinbarung mit dem Arbeitgeber im Rahmen des eingeleiteten Kündigungsschutzverfahrens und zudem auf Vorschlag des Arbeitsgerichts getroffen worden sei.

Die Revision der Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass der Kläger zwar durch den arbeitsgerichtlichen Vergleich sein Beschäftigungsverhältnis „gelöst“ habe. Jedoch kann dem Kläger für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses ein wichtiger Grund im Sinne des Sperrzeitrechts zur Seite stehen. Denn es kann einem Arbeitnehmer regelmäßig nicht zum Nachteil gereichen, wenn er gegen die Kündigung vorgeht und sodann im arbeitsgerichtlichen Verfahren die Klage zurücknimmt oder einen Vergleich schließt. Ein gerichtlicher Vergleich, der die Arbeitslosigkeit nicht zu einem früheren Zeitpunkt herbeiführt, löst daher grundsätzlich keine Sperrzeit aus. Die sperrzeitrechtliche Privilegierung des arbeitsgerichtlichen Vergleichs entbindet allerdings nicht von einer genauen Prüfung der Umstände seines Zustandekommens, wenn Anhaltspunkte für Umgehungsgeschäfte vorliegen. Da das Landessozialgericht – von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent zu der Frage, ob solche Anhaltspunkte im vorliegenden Fall gegeben sind, keine Feststellungen getroffen hat, wird dies im Rahmen der Zurückverweisung der Rechtsstreits nachzuholen sein.

Hinweis zur Rechtslage:

§ 144 Abs 1 Nr 1 SGB III

(1) Hat der Arbeitslose
1. das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragwidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und hat er dadurch vorsätzlich oder grobfahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt (Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe),
2. …
ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben, so tritt eine Sperrzeit ein.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Bundessozialgericht
  • Entscheidungsart:Urteil
  • Datum:17.10.2007
  • Aktenzeichen:B 11a AL 51/06 R

Quelle:ra-online, Pressemitteilung Nr. 33/07 des BSG vom 17.10.2007

Arbeitsloser muss auch während des Kündigungs­schutz­verfahrens für Vermittlungs­bemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stehen

Verweigerte Teilnahme an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung führt zum Wegfall von Arbeitslosengeld

Auch während der Dauer eines Kündigungs­schutz­verfahrens muss ein Arbeitsloser den Vermittlungs­bemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stehen, um einen Anspruch auf Arbeitslosengeld zu erhalten. Dies entschied das Sozialgericht Stuttgart.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls beantragte bei der Agentur für Arbeit Arbeitslosengeld, nachdem er von seinem Arbeitgeber fristlos gekündigt worden war. Gegen die Kündigung erhob er Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht. Die Agentur für Arbeit bewilligte zunächst vorläufig Arbeitslosengeld. Weiter übersandte sie dem Kläger ein Stellenangebot, verbunden mit der Aufforderung, sich dort zu bewerben. Dies lehnte der Kläger unter Hinweis darauf ab, dass er während des Kündigungsschutzverfahrens kein anderes Arbeitsverhältnis eingehen dürfe. Auch weigerte er sich, an Maßnahmen der beruflichen Eingliederung teilzunehmen. Daraufhin hob die Agentur für Arbeit die Bewilligung des Arbeitslosengeldes auf, weil der Kläger den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit nicht zur Verfügung stehe.

Arbeitsloser muss für Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit verfügbar sein
Das Sozialgericht Stuttgart hat die dagegen erhobene Klage abgewiesen. Voraussetzung für die Gewährung von Arbeitslosengeld ist u. a. das Vorliegen von Arbeitslosigkeit (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – SGB III). Arbeitslosigkeit setzt gemäß § 138 Abs. 1 Nr. 3 SGB III auch voraus, dass der Arbeitslose den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).

Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht gemäß § 138 Abs. 5 SGB III zur Verfügung, wer

1. eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf,

2. Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann,
3. bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nummer 1 anzunehmen und auszuüben, und

4. bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen.

Voraussetzungen für Gewährung von Arbeitslosengeld nicht gegeben
Eine Ausnahme während der Dauer einer Kündigungsschutzklage sieht die gesetzliche Regelung nicht vor. Da der Kläger vorliegend weder bereit war, eine Beschäftigung aufzunehmen, noch an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung teilzunehmen, sah das Gericht die Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld als nicht gegeben an.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Sozialgericht Stuttgart
  • Entscheidungsart:Urteil
  • Datum:15.02.2013
  • Aktenzeichen:S 5 AL 4769/12

Quelle:Sozialgericht Stuttgart/ra-online

Drohung mit Krankschreibung führt nicht immer zur Kündigung

Bei tatsächlich bestehender Krankheit zum Zeitpunkt der Kündigung ist diese ohne vorherige Abmahnung unzulässig

Droht ein Arbeitnehmer für den Fall eine ärztliche Krankschreibung an, dass ihm kein Urlaub gewährt wird, muss er mit einer fristlosen Kündigung rechnen, wenn er in Wahrheit gesund ist. Besteht allerdings zum Zeitpunkt der Kündigung tatsächlich eine Erkrankung, stellt dieses Verhalten ohne vorherige Abmahnung keinen Kündigungsgrund dar. Dies geht aus einer Entscheidung des Landes­arbeits­gerichts Berlin-Brandenburg hervor.

Im zugrunde liegenden Fall erklärte ein kaufmännischer Angestellter an einem Freitag zwei Mitarbeitern gegenüber, er sei kaputt und brauche ab dem nächsten Montag mindestens eine Woche Urlaub. Er wolle nicht zum Arzt gehen.

Angestellter legt rückwirkend gültige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor
Sein Urlaubsantrag wurde noch am selben Tag abgelehnt. Nachdem der Mitarbeiter montags darauf nicht im Betrieb erschienen war, kündigte ihm der Arbeitgeber fristlos. Am Dienstag wurde der Angestellte dann von einem Arzt arbeitsunfähig krankgeschrieben – und zwar rückwirkend auch für den Montag.

Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers erfolgreich
Der Arbeitnehmer erhob gegen den Rauswurf Kündigungsschutzklage und gewann. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschied, dass es nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts darauf ankomme, ob ein Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Ankündigung einer Erkrankung objektiv erkrankt sei oder nicht. Zwar könne die Ankündigung einer Erkrankung in beiden Fällen eine Pflichtwidrigkeit darstellen, doch wirke diese bei objektiver Erkrankung anders. Bei einer „angekündigten Krankheit“ im Falle eines nicht arbeitsunfähigen Arbeitnehmers bedarf es in aller Regel keiner vorhergehenden Abmahnung. Die ist aber erforderlich, wenn der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Ankündigung bereits krank sei. Da der Arbeitgeber im vorliegenden Fall nicht behauptet hatte, dass die Krankschreibung ab Montag vorgetäuscht worden sei, ist er nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als Kündigender darlegungs- und beweispflichtig auch dafür, dass der Arbeitnehmer nicht schon an dem vorausgegangenen Freitag arbeitsunfähig krank gewesen ist. Insoweit hatte der Arbeitgeber im Prozess ausgesagt, der Arbeitnehmer habe freitags noch voll gearbeitet. Deshalb könne er nicht arbeitsunfähig gewesen sein.

Arbeitgeber muss konkreten Beweis für Täuschung über Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers erbringen
Das überzeugte die Berliner Landesarbeitsrichter aber nicht. Der Arbeitgeber habe übersehen, dass nicht jeder Arbeitnehmer, der seine Arbeitsleistung erbringt, zugleich arbeitsfähig ist. Nach § 2 Abs. 1 der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesauschusses über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie) liegt Arbeitsunfähigkeit zunächst vor, wenn der Versicherte auf Grund von Krankheit seine zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann. Bei der Beurteilung ist darauf abzustellen, welche Bedingungen die bisherige Tätigkeit konkret geprägt haben. Arbeitsunfähigkeit liegt aber auch vor, wenn auf Grund eines bestimmten Krankheitszustandes, der für sich allein noch keine Arbeitsunfähigkeit bedingt, absehbar ist, dass aus der Ausübung der Tätigkeit für die Gesundheit oder die Gesundung abträgliche Folgen erwachsen, die Arbeitsunfähigkeit unmittelbar hervorrufen. Da der Arbeitgeber aber für die Behauptung, dass der Arbeitnehmer nicht arbeitsunfähig gewesen sei, keinen Beweis angeboten hat, konnte das Gericht dem nicht weiter nachgehen.

Angaben zum Gericht:

  • Gericht:Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
  • Entscheidungsart:Urteil
  • Datum:15.03.2013
  • Aktenzeichen:10 Sa 2427/12