Schadensersatzrecht
Augenverletzung durch geworfene Tulpe auf Rosenmontagsumzug
Werfen von kleinen Gegenständen gehört zum rheinischen Brauchtum und stellt keine unerlaubte Handlung dar
Wer einen Karnevalsumzug besucht und eine Verletzung durch geworfene Gegenstände ausschließen will, der muss sich außerhalb der Wurfreichweite aufhalten. Kommt es nämlich zu einer Verletzung durch geworfene, üblicherweise aber ungefährliche, Gegenstände, so kann der Werfer nicht automatisch auf Schmerzensgeld in Anspruch genommen werden. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Eschweiler hervor.
Die Besucherin eines Rosenmontagsumzugs wurde während der Feierlichkeit von einem Wagen aus mit einer ihrer Auffassung nach „zu einem eisharten Geschoß gefrorenen Tulpe“ am linken Auge getroffen und verletzt. Der Werfer habe direkt auf ihren Kopf gezielt und dabei das spitze Stielende nach vorne gewendet. Die Verletzung habe ihr Sehvermögen dauerhaft beschädigt. Deshalb fordere sie ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.500 DM. Der Werfer bestritt die Anschuldigungen, gezielt auf die Frau geworfen zu haben und dass die Tulpe in gefrorenem Zustand gewesen sei.
Das Werfen von Gegenständen gehört zu rheinischen Gepflogenheiten
Das Amtsgerichts Eschweiler wies die Klage ab. Es sei nicht erwiesen, dass der Beklagte tatsächlich mit einer „zu einem harten Geschoss“ gefrorenen Blume geworfen habe. An Rosenmontag sei das Werfen von Blumen vom Karnevalswagen aus in die Menschenmenge nicht widerrechtlich, sondern gehöre zu den geduldeten und sogar geförderten Gepflogenheiten im rheinischen Bereich.
Werfen von kleinen Gegenständen im Rahmen des Karnevalsumzugs nicht rechtswidrig
Die Verletzung, die durch die geworfene Blume entstanden war, stritt das Gericht nicht ab. Auch nicht, dass der Beklagte diese geworfen habe. Im vorliegenden Fall müsse mangels Beweis jedoch davon ausgegangen werden, dass die geworfene Tulpe nicht gefroren war. Zwar könnten auch weiche Gegenstände, je nach Auftreffwinkel, Geschwindigkeit und Beschaffenheit ebenfalls zu derartigen Verletzungen führen, jedoch sei das Werfen einer Blume in normaler, in der Regel also weicher Beschaffenheit, nicht rechtswidrig und verwirkliche nicht den Tatbestand einer unerlaubten Handlung (§§ 823 ff. BGB). Das Werfen von kleinen Gegenständen im Rahmen des Karnevalsumzugs sei nicht verboten und die hiervon ausgehenden Gefahren relativ gering. Außerdem könne sich jeder Besucher wirksam schützen, indem er die Werfer beobachte oder sich in einem Bereich außerhalb der Wurfweite aufhalte.
Das vorliegende Urteil wird häufig mit dem falschen Aktenzeichen „6 C 599/86“ zitiert. Richtig ist das Az. „6 C 599/85“.
Die Entscheidung ist aus dem Jahre 1986 und erscheint im Rahmen der Reihe „Wissenswerte Urteile“.
Angaben zum Gericht:
Quelle:ra-online, Amtsgericht Eschweiler (vt/st)
Mietrecht,Schadensersatzrecht
Mieter haftet nicht für Wasserschaden durch defekte Geschirrspülmaschine
Keine automatische Gefährdungshaftung durch Einbringen von Haushaltsgeräten in eine Mietwohnung
Wenn eine Geschirrspülmaschine infolge eines technischen Defekts einen Wasserschaden verursacht, kann der Betreiber dieses Geräts nicht automatisch haftbar gemacht werden. Ist ein Defekt des Geräts zuvor nicht zu erkennen gewesen und wurde das Gerät während des Betriebs nicht unbeaufsichtigt gelassen, so kann dem Betreiber kein Verschulden zur Last gelegt werden. Dies geht aus einem Urteil des Landgerichts Landau hervor.
Im vorliegenden Fall forderte ein Vermieter von den Mietern einer Wohnung Erstattung von Schadensbeseitigungskosten, nachdem durch aus dem defekten Schlauch eines Geschirrspülers auslaufendes Wasser ein Schaden in der darunter liegenden Wohnung entstanden war. In der Klagebegründung hieß es, die Mieter hätten schuldhaft gehandelt, in dem sie die Spülmaschine in Betrieb gesetzt hätten, ohne diese zu überwachen. Die Beschuldigten gaben an, die Spülmaschine sei erst fünf Jahre alt gewesen und habe stets einwandfrei funktioniert. Der Defekt sei nicht erkennbar gewesen und es habe somit auch keine Veranlassung für eine weitergehende Überprüfung gegeben.
Keine Gefährdungshaftung durch bloßes Einbringen von Haushaltsgeräten in eine Mietwohnung
Das Landgericht Landau stellte fest, dass eine Gefährdungshaftung zu Lasten des Betreibers einer Spülmaschine weder nach dem Gesetz bestehe, noch in Literatur und Rechtsprechung angenommen werde. Das bloße Einbringen von modernen Haushaltsgeräten in eine Etagenwohnung stelle keinen Verstoß gegen den vertragsmäßigen Gebrauch der Mietsache dar. Es gehöre hingegen vielmehr zum üblichen Gebrauch einer Wohnung in der heutigen Zeit, dass sich Bewohner technischer Hilfsmittel bei der Haushaltsführung bedienen würden. Mit dem Einbringen eines solchen Gerätes übernehme der Mieter auch keine verschuldensunabhängige Verantwortung und Haftung für jeden Schaden an der Mietsache, der als Folge einer Funktionsstörung oder eines technischen Defekts entstehen könnte.
Eigentümer treffen Überwachungspflichten einer in Betrieb befindlichen Geschirrspülmaschine
Laut Ausführung des Gerichts würde den Betreiber einer Spülmaschine jedoch die Verpflichtung treffen, durch geeignete Überwachungsmaßnahmen Sorge dafür zu tragen, dass nach Auftreten einer Störung ein weiterer Wasseraustritt verhindert wird. Den Beklagten im verhandelten Fall könne ein haftungsbegründender Verstoß jedoch nicht angelastet werden. Ein Verstoß liege nicht bereits darin, dass das Gerät nicht ständig gewartet und überprüft wird. Bei modernen Geräten wie dem der Beklagten seien die Gefahren technischer Pannen relativ gering, so dass kein Grund für eine Überprüfung bestanden hätte. Wegen der latenten Gefahr einer Störung könne jedoch verlangt werden, dass die Maschine während des laufenden Betriebs unter Aufsicht bleibt. Auch diese Pflicht hätten die Beklagten nicht verletzt. Vielmehr sei die Mieterin dem Problem sofort nach Meldung des Schadens durch den Mieter in der geschädigten Wohnung nachgegangen, in dem sie einen Installateur verständigte.
Äußerlich war Defekt nicht zu erkennen
Der Installateur habe bekundet, der Geschirrspülmaschine sei von außen kein Defekt anzusehen gewesen. Erst beim Abpumpen des Wassers sei aus dem Riss Wasser ausgetreten. Anschließend habe er festgestellt, dass sich das ausgelaufene Wasser aufgrund des schräg nach hinten abfallenden Küchenbodens zur Wand hin gesammelt habe und in den Estrich gelangt sei. Von vorne sei dies nicht sichtbar gewesen. Nach Meinung des Gerichts konnten die Beklagten das Leck trotz Anwesenheit und Überwachung demnach nicht erkennen und den Schaden nicht beheben, so dass ihnen eine Verletzung von Überwachungspflichten nicht anzulasten sei.
Die Entscheidung ist aus dem Jahre 1995 und erscheint im Rahmen der Reihe „Wissenswerte Urteile“.
( Oberlandesgericht Oldenburg Urteil Entscheidung
[Aktenzeichen: 3 U 6/04] )
( Landgericht Hannover Urteil Entscheidung
[Aktenzeichen: 19 S 1968/99] )
( Bundesgerichtshof Urteil Entscheidung
[Aktenzeichen: VIII ZR 28/04] )
Angaben zum Gericht:
Quelle:ra-online, Landgericht Landau (vt/st)
Wohneigentumsrecht
Zeitlich begrenztes Abstellen eines Kinderwagens im Hausflur erlaubt
Zur Nachtzeit muss ein Kinderwagen jedoch aus dem Hausflur entfernt und in der eigenen Wohnung oder dem Keller untergebracht werden
Sind keine oder nur begrenzte Möglichkeiten vorhanden, einen Kinderwagen abzustellen, so dürfen Hausflure als vorübergehende Abstellmöglichkeit genutzt werden. An Tagen, an denen der Kinderwagen nicht gebraucht wird oder auch zur Nachtzeit muss er jedoch in der Wohnung oder dem Keller deponiert werden. Dies geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm hervor.
Die Bewohner einer Erdgeschosswohnung fühlten sich durch abgestellte Kinderwagen im Eingangsbereich ihrer Wohnung behindert und forderten, die Hausordnung dahingehend zu ändern, dass das Abstellen im betreffenden Bereich künftig untersagt ist. Der Antrag wurde von den Wohnungseigentümern jedoch mehrheitlich abgelehnt, so dass die Bewohner der Erdgeschosswohnung ein Verbot schließlich gerichtlich versuchten durchzusetzen.
Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt
Nach Vortrag der Kläger werde der einen Meter breite Flur durch die abgestellten Kinderwagen bis auf eine Laufbreite von 45 Zentimetern eingeengt. Zeitweise blockierten bis zu vier Kinderwagen gleichzeitig den Flur im Erdgeschoss.
Für Eltern unzumutbar, den Kinderwagen nach jedem Ausgang sofort in Keller oder Wohnung unterzubringen
Das Oberlandesgericht Hamm lehnte den Antrag der Kläger ab. Die Regelung in der Hausordnung, einen Kinderwagen zeitlich begrenzt im Flur abstellen zu dürfen, bestehe offenbar aufgrund der Tatsache, dass es im Erdgeschoss sonst keine andere Abstellmöglichkeit gebe. Das Haus verfüge zwar über einen Keller, der auch einen Raum zum Abstellen von Kinderwagen und Fahrrädern biete, ein Fahrstuhl sei im Haus jedoch nicht vorhanden. Zudem stelle das vorübergehende Abstellen eine sozial übliche Selbstverständlichkeit dar, die als ein Element der Zweckbestimmung der Wohnanlage zu sehen sei. Sie sei objektiv erforderlich, weil weder die Wohnungen noch die ihnen vorgelagerten Flure und auch nicht der Keller über einen Fahrstuhl zu erreichen seien. Es wäre für die Eltern von Kleinkindern unzumutbar oder sogar unmöglich, den Kinderwagen nach jedem Ausgang in die Wohnung zu nehmen oder zunächst im Keller unterzubringen und erst dann mit dem Kind die Wohnung aufzusuchen.
Abstellen jedoch nur „vorübergehend“ erlaubt
Die zeitliche Beschränkung der Abstellerlaubnis sei den Interessen der weiteren Wohnungseigentümer geschuldet. Die stark eingeschränkte Bewegungsfreiheit dürfe nicht zu einem Dauerzustand werden. So dürfe ein Kinderwagen nicht an Tagen abgestellt werden, an denen er nicht gebraucht werde und auch nicht die Nacht über dort geparkt werden.
Die Entscheidung ist aus dem Jahre 2001 und erscheint im Rahmen der Reihe „Wissenswerte Urteile“.
Angaben zum Gericht:
Quelle:ra-online, Oberlandesgericht Hamm (vt/st)
Wohneigentumsrecht
Verwalter muss in der Jahresabrechnung die Heizkosten nach Verbrauch auf die Wohnungseigentümer umlegen
Abweichung der Einzelabrechnungen von Gesamtabrechnung müssen verständlich erläutert werden
Bei der verbrauchsabhängigen Verteilung der Heiz- und Warmwasserkosten in den Einzelabrechnungen der Heizkostenjahresabrechnung sin d die Kosten des im Abrechnungszeitraum tatsächlich verbrauchten Brennstoffs maßgeblich. Die hiermit zwangsläufig verbundene Abweichung der Einzelabrechnungen von der Gesamtabrechnung muss der Verwalter aus Gründen der Übersichtlichkeit und Nachvollziehbarkeit in der Abrechnung verständlich erläutern. Dies entschied der Bundesgerichtshof.
Die Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls, zwei Wohnungseigentümer, wenden sich gegen die Jahresabrechnung des Verwalters der Wohnungseigentümergemeinschaft. Dieser hatte bei den Heiz- und Warmwasserkosten nicht die tatsächlich angefallenen Verbrauchskosten, sondern die im Abrechnungsjahr an den Energieversorger geleisteten (Abschlags-) Zahlungen in die Jahresabrechnung eingestellt und auf die Wohnungseigentümer umgelegt. Die Kläger sind der Meinung, der Verwalter müsse nach Verbrauch abrechnen. Ihre Klage war sowohl vor dem Landgericht als auch vor dem Berufungsgericht erfolgreich.
In Gesamtabrechnung sind alle, in Zusammenhang mit der Anschaffung von Brennstoffen stehenden Zahlungen aufzunehmen
Die gegen das Urteil des Landgerichts gerichtete Revision der übrigen Wohnungseigentümer, die die Abrechnung für richtig halten, hatte teilweise Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass in die Gesamtabrechnung alle im Abrechnungszeitraum geleisteten Zahlungen, die im Zusammenhang mit der Anschaffung von Brennstoffen stehen, aufzunehmen sind. Denn der Verwalter hat eine geordnete und übersichtliche Einnahmen- und Ausgabenrechnung vorzulegen, die für einen Wohnungseigentümer auch ohne Hinzuziehung fachlicher Unterstützung verständlich sein muss. Diesen Anforderungen genügt die Gesamtabrechnung nur, wenn sie die tatsächlichen Einnahmen und die tatsächlichen Geldflüsse ausweist.
Kosten des im Abrechnungszeitraum tatsächlich verbrauchten Brennstoffs bei Verteilung in Einzelabrechnungen die maßgeblich
Bei den Einzelabrechnungen sind hingegen die Bestimmungen der Heizkostenverordnung zu beachten, die eine verbrauchsabhängige Verteilung der Heiz- und Warmwasserkosten vorschreiben. Daher sind für die Verteilung in den Einzelabrechnungen die Kosten des im Abrechnungszeitraum tatsächlich verbrauchten Brennstoffs maßgeblich. Die hiermit zwangsläufig verbundene Abweichung der Einzelabrechnungen von der Gesamtabrechnung muss der Verwalter aus Gründen der Übersichtlichkeit und Nachvollziehbarkeit in der Abrechnung verständlich erläutern.
Einzelabrechnung muss neu erstellt werden
Im konkreten Fall entsprach daher zwar die Gesamtabrechnung ordnungsgemäßer Verwaltung, nicht aber die Einzelabrechnungen, da sie nicht den tatsächlichen Verbrauch zugrunde legten. Diese müssen neu erstellt werden.
Angaben zum Gericht:
Quelle:Bundesgerichtshof/ra-online
Unfall bei Mithilfe unter Freunden steht nicht immer unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung
Hilfe als Freundschaftsdienst als Gegenleistung für selbsterhalte Gefälligkeit nicht vom Unfallschutz umfasst
Kommt es zu einem Unfall bei einer Mithilfe unter Freunden, ist dieser Unfall nicht immer vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung umfasst. Bei Gefälligkeitsleistungen unter Verwandten und Freunden ist darauf abzustellen, ob das Familienmitglied/der Freund eine Gefälligkeit erweist, die durch die Stärke des Verwandtschafts- bzw. Freundschaftsverhältnisses geprägt ist, oder ob es sich um eine ernstliche Tätigkeit handelt, die über das hinausgeht, was allgemein in Verwandtschafts- bzw. Freundschaftsbeziehungen gefordert und normalerweise von abhängig Beschäftigten erbracht wird. Dies geht aus einer Entscheidung des Sozialgerichts Karlsruhe hervor.
Der zum Unfallzeitpunkt arbeitslose Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls ist gelernter Zimmermann und mit dem Bauherrn, einem Lehrer befreundet. Er half ab Mitte August 2010 dem Bauherrn unentgeltlich bei der Errichtung eines Carports auf dessen Grundstück. Am vierten Tag seiner Hilfeleistung verletzte sich der Kläger bei Dachstuhlarbeiten mit einer Kreissäge am rechten Oberschenkel. Der Kläger hatte seine Mithilfe von sich aus wegen seiner Sachkenntnis und aus Gründen der Freundschaft zu dem Bauherrn angeboten, weil dieser ihm geholfen hatte, die Folgen seiner Lese- und Schreibschwäche im Alltag zu bewältigen.
Unfallereignis nicht als Arbeitsunfall anzusehen
Die Beklagte lehnte die Anerkennung des Unfallereignisses als Arbeitsunfall mit der Begründung ab, der Kläger habe zum Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Er sei insbesondere nicht „wie ein Arbeitnehmer“ für den Bauherrn tätig geworden.
Kläger war zum Unfallzeitpunkt weder „als“ noch „wie“ ein Beschäftigter tätig
Die deswegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Karlsruhe nach schriftlicher Anhörung des Bauherrn als Zeugen abgewiesen: der Kläger sei zum Unfallzeitpunkt weder „als“ noch „wie“ ein Beschäftigter tätig gewesen. Zwar sei der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht von vornherein deshalb ausgeschlossen, weil der Verunfallte einem Verwandten oder Freund geholfen habe. Daher scheide auch eine Tätigkeit wie ein Beschäftigter im Sinne des Gesetzes nicht allein deshalb aus, weil die Tätigkeit für einen Verwandten oder Freund verrichtet werde. Bei Gefälligkeitsleistungen unter Verwandten und Freunden sei darauf abzustellen, ob das Familienmitglied/der Freund eine Gefälligkeit erweise, die durch die Stärke des Verwandtschafts- bzw. Freundschaftsverhältnisses ihr Gepräge erhalte, oder ob es sich um eine ernstliche Tätigkeit handele, die über das hinausgehe, was allgemein in Verwandtschafts- bzw. Freundschaftsbeziehungen gefordert und normalerweise von abhängig Beschäftigten erbracht werde. Je enger eine Gemeinschaft sei, umso größer sei der Rahmen, in dem bestimmte Verrichtungen hierdurch ihr Gepräge erhielten.
Arbeit am Unfalltag war Gefälligkeit unter Freunden
Im Fall des Klägers habe nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens der Kläger dem Bauherrn am Unfalltag eine Gefälligkeit erwiesen, die durch die Stärke der zwischen ihnen bestehenden langjährigen Freundschaft ihr Gepräge erhalten habe. Denn er habe dem Bauherrn seine Hilfe bei der Errichtung des Carports von sich aus, freiwillig und unentgeltlich angeboten, was allein schon gegen eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit spreche. Denn Arbeitnehmer handelten im Allgemeinen nur nach Aufforderung und nur gegen Entgelt oder sonstige materielle Vorteile. Auch habe zwischen dem Kläger und dem Bauherrn kein arbeitnehmerähnliches Über-/Unterordnungsverhältnis bestanden. Der Kläger selbst habe wiederholt das Anerbieten seiner Hilfeleistungen gegenüber dem Bauherrn als „Freundschaftsdienst“ und „Gefälligkeit“ bezeichnet und diese als Gegenleistung dafür angesehen, dass der Bauherr seinerseits aufgrund seiner Ausbildung und Tätigkeit als Lehrer ihm umgekehrt geholfen habe, die Folgen seiner Lese- und Rechtschreibschwäche im Alltag zu bewältigen; insbesondere habe der Bauherr ihm in der Vergangenheit wiederholt beim Schriftverkehr und bei Behördengängen geholfen. Durch diese Freundschaft habe die Tätigkeit des Klägers am Unfalltag mithin ihr Gepräge erhalten. Überdies sei die Mithilfe des Klägers an seinem Bauvorhaben auch nach den Angaben des Bauherrn keine Ausnahme gewesen, d.h. die Freundschaft sei offenbar von wechselseitigen Hilfeleistungen geprägt gewesen. Der zeitliche Umfang der vom Kläger bis zum Unfallereignis bereits erbrachten Hilfeleistungen am Bauvorhaben von rund 22 Stunden und die darüber hinaus – ohne das Unfallereignis – geplanten weiteren Hilfeleistungen von etwa 35 Zeitstunden führten zu keinem anderen Ergebnis. Denn es verstehe sich unter guten Freunden von selbst, dass man selbst helfe, wenn man schon einmal – oder wie hier: wiederholt – Hilfe bekommen habe oder in Zukunft erwarte. Dabei seien auch langandauernde Hilfeleistungen nicht ungewöhnlich.
( Sozialgericht Düsseldorf Urteil Entscheidung
[Aktenzeichen: S 6 U 119/06] )
( Bayerisches Landessozialgericht Urteil Entscheidung
[Aktenzeichen: L 3 U 255/10] )
Angaben zum Gericht:
Quelle:Sozialgericht Karlsruhe/ra-online
Gebrauchtwagenkauf: OLG Oldenburg zur Gültigkeit eines Gewährleistungsausschlusses bei Formularkaufverträgen aus dem Internet
Gewährleistungsausschluss ohne konkrete Zusätze nicht immer wirksam
Bei den Kaufvertragsklauseln aus dem Internet handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), da diese für eine mehrfache Verwendung vorformuliert seien. Jedoch gelten dabei die strengen Wirksamkeitsvoraussetzungen gemäß § 309 Nr. 7 a und b des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Danach muss ein wirksamer Gewährleistungsausschluss neben der formulierten Begrenzung („ … gilt nicht für Schadensersatzansprüche …“) eine weitere Einschränkung für Schäden an Leben, Körper und Gesundheit enthalten. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Oldenburg hervor.
Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls hatte von einem privaten Verkäufer zum Preis von 6.450 Euro einen gebrauchten PKW erworben. Als Kaufvertrag hatte der Verkäufer ein Formular aus dem Internet verwendet. Darin hieß es unter dem Punkt Gewährleistung:
„Das Fahrzeug wird wie besichtigt und unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung verkauft, soweit nicht unter Ziffer III. eine bestimmte Zusicherung erfolgt. Dieser Ausschluss gilt nicht für Schadensersatzansprüche aus Sachmängelhaftung, die auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung von Pflichten des Verkäufers beruhen. Soweit Ansprüche aus Sachmängelhaftung gegen Dritte bestehen, werden sie an den Käufer abgetreten.“
Verkäufer verweigert Rückabwicklung des Kaufgeschäfts mit Hinweis auf vereinbarten Gewährleistungsausschluss
Wenige Tage nach dem Kauf stellte eine von der Klägerin aufgesuchte Werkstatt einen Getriebeschaden am PKW fest. Die Käuferin verlangte vom Verkäufer die Rückabwicklung des Kaufgeschäfts. Der Verkäufer berief sich auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss.
OLG erklärt Gewährleistungsauschluss für unwirksam
Das Landgericht Oldenburg gab der Klägerin Recht. Der Gewährleistungsausschluss sei unwirksam. Bei den Kaufvertragsklauseln aus dem Internet handele es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), weil diese für eine mehrfache Verwendung vorformuliert seien. Dafür gelten aber die strengen Wirksamkeitsvoraussetzungen gemäß § 309 Nr. 7 a und b des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Danach muss ein wirksamer Gewährleistungsausschluss neben der hier formulierten Begrenzung („ … gilt nicht für Schadensersatzansprüche …“) eine weitere Einschränkung für Schäden an Leben, Körper und Gesundheit enthalten. Da diese im konkreten Fall fehlte, sei der vereinbarte Gewährleistungsausschluss insgesamt unwirksam.
Verkäufer hätte Formular kaufen müssen, bei dem grundsätzlich eigener Regressanspruch besteht
Das Gericht hat in seiner Entscheidung zwar berücksichtigt, dass im Internet massenweise ähnlich unwirksam formulierte Kaufvertragsvorlagen abrufbar seien, dass insoweit aber kein gesteigertes Vertrauen beim Beklagten anzuerkennen sei. Dieser habe das Formular kostenlos heruntergeladen, statt – was möglich gewesen wäre – für ein geringes Entgelt von einem Anbieter ein Formular zu kaufen, bei dem grundsätzlich ein eigener Regressanspruch bestanden hätte.
( Bundesgerichtshof Urteil Entscheidung
[Aktenzeichen: VIII ZR 251/06] )
( Bundesgerichtshof Urteil Entscheidung
[Aktenzeichen: VIII ZR 253/05] )
Angaben zum Gericht:
Quelle:Oberlandesgericht Oldenburg/ra-online
Busfahrtunternehmer darf unpünktlichen Fahrer kündigen
Ordentliche Kündigung ist nach wiederholt unpünktlichem Dienstantritt sozial gerechtfertigt
Einen Busfahrer treffen hinsichtlich der Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit beim Dienstantritt weitaus größere Pflichten als einen Arbeitnehmer in einer „normalen“ Position, da die Einhaltung des Fahrplanes und damit das Ansehen des Busfahrunternehmens in der Öffentlichkeit maßgeblich vom Verhalten des Busfahrers abhängt. Somit ist eine Kündigung bei wiederholter Unpünktlichkeit gerechtfertigt. Dies entschied das Landesarbeitsgericht Köln.
Im vorliegenden Fall wurde ein Busfahrer entlassen, nachdem er nicht zum Dienst erschienen war. Der Mann klagte gegen die Kündigung mit der Begründung, er habe sich an diesem Tag lediglich im Dienstplan vertan, aber rechtzeitig angeboten, den zweiten Teil des Dienstes an diesem Tag zu übernehmen. Das Busfahrunternehmen verwies darauf, dass es bereits zum wiederholten Mal zu Verspätungen oder Nichterscheinen des Mitarbeiters gekommen sei, infolgedessen auch bereits Abmahnungen ausgesprochen wurden. Der Betriebsrat habe der Kündigung des Klägers ebenfalls ausdrücklich zugestimmt. Als der Kläger am betreffenden Tag nicht zum Dienst erschienen war, musste die Route zur Vermeidung von Betriebsablaufsstörungen frühzeitig anderweitig vergeben werden, der erste Teil des Dienstes an eine andere Firma und der zweite Teil an einen Fahrerkollegen.
Busfahrer sind verantwortlich für zuverlässige Erfüllung der Fahrpläne
Das Landesarbeitsgericht Köln erklärte die ordentliche Kündigung für rechtmäßig. Sie sei aus im Verhalten des Klägers liegenden Gründen gemäß § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt. Das Versehen des Klägers, den Dienst aufgrund eines Fehlers beim Lesen des Dienstplanes verpasst zu haben, sei mit schuldhaft fahrlässigem Verhalten gleichzusetzen. Der Arbeitgeber sei daraufhin gezwungen gewesen, den Dienst anderweitig zu vergeben, zumal der Mann auch telefonisch nicht erreichbar gewesen sei. Die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers wiege auch schwer, da Ruf und Ansehen eines Linienbusunternehmens im öffentlichen Personennahverkehr ganz entscheidend davon abhingen, dass die Fahrpläne zuverlässig und pünktlich eingehalten würden. Der Busfahrer gehöre in ganz besonderer Weise zu den Personen, die dazu aufgerufen seien, die zuverlässige Erfüllung der Fahrpläne zu garantieren. Dem Kriterium der Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit käme bei der Einhaltung der Dienstzeiten in einem solchen Arbeitsverhältnis ein weitaus höheres Gewicht zu als bei einem gewöhnlichen Arbeitsverhältnis sonstiger Art.
Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses ist dem Unternehmen nicht zuzumuten
Aus diesem Grund sei das Fehlverhalten des Klägers grundsätzlich geeignet, eine ordentliche, fristgerechte Kündigung zu rechtfertigen. Auch nach Abwägung der Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die stets zu erfolgen habe, spreche im vorliegenden Fall alles für die Kündigung. Dem Unternehmen sei die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, da es berechtigterweise befürchten müsse, dass der Mann auch in Zukunft unpünktlich oder gar nicht zum Dienst erscheinen werde. Der Kläger sei vor dem streitgegenständlichen Ereignis bereits aufgrund von Unpünktlichkeit und Beschwerden durch Kunden abgemahnt worden. Damals habe sich der Betriebsrat noch dafür ausgesprochen, es bei einer eindringlichen mündlichen Ermahnung zu belassen. Dem Kläger hätte es nach Meinung des Gerichts in dieser Situation überdeutlich sein müssen, dass der Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses bei weiteren Pflichtverletzungen gefährdet sei.
Angaben zum Gericht:
Quelle:ra-online, Landesarbeitsgericht Köln (vt/st)
Hundegebell, Lärm und Gestank: Mieter muss Wohnung räumen
Nachhaltige Störung des Hausfriedens als Kündigungsgrund / Fortführung des Mietverhältnisses für andere Mieter unzumutbar
Eine Kündigung ist begründet, wenn die Belästigung durch den betreffenden Mieter einen für die anderen Mieter eines Hauses unzumutbaren Zustand darstellt. Dabei kann der Vermieter die sofortige Herausgabe ohne Einhaltung einer Frist verlangen, wenn die Belästigung bereits längere Zeit andauert. Dies geht aus einem Urteil des Amtsgerichts Potsdam hervor.
Im vorliegenden Fall kündigte eine Vermieterin ihrem Mieter fristlos mit der Begründung, seine beiden Hunde würden die anderen Mieter durch Gebell und Gestank belästigen.
Fristlose Kündigung bei schuldhafter Vertragspflichtverletzung
Das Amtsgericht Potsdam stellte fest, dass die Klägerin die Übergabe der Wohnung gemäß § 556 Abs. 1 BGB verlangen könne. Der Vermieterin stehe ein Kündigungsgrund im Sinne des § 554 a BGB zur Seite. Danach könne der Vermieter das Mietverhältnis ohne Einhaltung einer Frist kündigen, wenn der Mieter seine vertraglichen Verpflichtungen schuldhaft in einer Weise verletze, insbesondere den Hausfrieden derart störe, dass dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zuzumuten sei.
Durch Hunde verursachter Lärm und Gestank
Die Belästigung im vorliegenden Fall habe vor allem im ständigen Lärm und Gestank bestanden. Laut Zeugenaussagen sei seit dem Einzug des Beklagten täglich zu verschiedenen Tag- und Nachtzeiten länger anhaltendes Hundegebell aus dessen Wohnung zu vernehmen. Dieses sei so laut, dass es auch in den Wohnungen unter und über der Etage des Beklagten zu hören sei. Das Bellen trete auch noch gegen 22.00 Uhr auf. Außerdem schreie der Mann die Hunde lautstark an. Den Vorwurf, von der Wohnung des Mieters gehe Gestank aus, konnten die Zeugen ebenfalls vor Gericht bestätigen.
Keine Räumungsfrist aufgrund bereits lang andauernder Belästigung
Der Klägerin sei die Fortführung des Mietverhältnisses nicht zuzumuten, da vom Beklagten bis zum heutigen Tag die Störungen ausgingen. Eine Räumungsfrist sei dem Mann auch nicht zu gewähren, da die Belästigungen bereits über einen langen Zeitraum erfolgen und eine Fortführung dieser Zustände für die anderen Mieter nicht zumutbar sei.
Mieter hat auch schuldhaft gehandelt
Als Sozialhilfeempfänger stehe der Mann zwar hinsichtlich Wohnungs-, Behörden- und arbeitsrechtlichen Angelegenheiten unter Betreuung, ansonsten führe er aber ein selbständiges Leben und er sei auch zurechnungsfähig, so dass ihm sein pflichtwidrige Verhalten vorgeworfen und ihm damit schuldhaftes Handeln zur Last gelegt werden könne.
Die Entscheidung ist aus dem Jahre 2001 und erscheint im Rahmen der Reihe „Wissenswerte Urteile“.
Angaben zum Gericht:
Quelle:ra-online, Amtsgericht Potsdam (vt/st)